Ordensgemeinschaften in Deutschland

Sr. Ruth befährt mit der "Papst Franziskus" den Amazonas

Rund 700.000 Menschen am Amazonas werden ab sofort durch das Krankenhausschiff „Papa Francisco“versorgt. Die Sießener Franziskanerin Sr. Ruth Rottbeck ist mit an Bord.

Er wirkt etwas klobig und quadratisch, doch wo immer der 32 Meter lange Stahlkoloss auftaucht, löst er Begeisterung aus. Seit Anfang Juni fährt das Krankenhausschiff „Papa Francisco“ Städte und Dörfer des östlichen Amazonas an. Am Sonntag wurde das Schiff mit dem Namen des Papstes nun in Belem am Amazonasdelta offiziell eingeweiht und gesegnet.

Doch längst hat es schon tausende Patienten versorgt. Oft sehen diese dort zum ersten Mal ein Röntgen- oder Ultraschallgerät. „Den meisten Menschen fehlt es an einer ganz einfachen medizinischen Grundversorgung“, berichtet Ordensschwester Ruth Rottbeck (46) der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Manche Frauen sind 50 Jahre alt und haben noch nie eine Vorsorgeuntersuchung gemacht.“

Die Neurologin aus Nordrhein-Westfalen, die für die Franziskanerinnen von Sießen als feste Ärztin an Bord ist, versorgt Fischer mit Rückenschmerzen, verabreicht Kindern Wurmkuren und Impfungen, behandelt Ohren- und Bauchschmerzen. Zudem gibt es eine Apotheke, Geräte für augen- und zahnärztliche Behandlungen sowie ein Labor.

Auch kleinere Eingriffe wie Kaiserschnitte und Blinddarmoperationen seien möglich, so Schwester Ruth. Ernste Fälle würden mit einem kleinen Motorboot in Regionalkrankenhäuser weitertransportiert.

Die Basis, zu der die «Papa Francisco» alle zehn Tage zurückkehrt, liegt in Obidos, rund 1.200 Kilometer östlich des Amazonasdeltas. Der dort residierende deutschstämmige Bischof Johannes Bahlmann ist einer der Initiatoren des Projekts. Den Anstoß gab Papst Franziskus höchstpersönlich während des Weltjugendtags 2013 in Rio de Janeiro.

Bei einem Krankenhausbesuch schlug er den dort tätigen Ordensleuten vor, auch am Amazonas zu wirken.

In dem Gebiet von kontinentalen Ausmaßen gibt es nur wenige gut ausgerüstete Hospitäler. Und noch weniger Ärzte. Die Kubaner, die seit 2013 dort zu tausenden im Auftrag der brasilianischen Regierung tätig waren, wurden im November abgezogen. Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Messias Bolsonaro hatte ihnen mit dem Rauswurf gedroht. Sie gingen dann selber.

Gerade einmal zwei feste Ärzte habe das Krankenhaus in der 50.000-Einwohner-Stadt Obidos, dazu gebe es noch eine Kinderärztin und einen Radiologen, so Schwester Ruth. Oft schafften es Kranke aus den Dörfern nicht einmal bis in die Städte. Entsprechend überschwänglich ist der Empfang der Ärzte in den Flussdörfern.

Welchem Glauben die Menschen angehören, spiele keine Rolle. „Wir machen einfach als katholische Kirche das, was nötig ist.“

Kurios ist die Finanzierung der „Papa Francisco“. Sie wurde mit Bußgeldern der Firmen Shell und BASF finanziert, die diese laut einem 2013 ergangenen Urteil für einen Chemieunfall hatten zahlen müssen. Dass das Projekt realisiert werden konnte, sieht Bischof Bahlmann als ein „Wunder“ an.

Zum Start ihres Einsatzes hat Namenspatron Papst Franziskus dem Schiff eine Botschaft mit auf den Weg gegeben. „Genauso wie Jesus, als er auf dem Wasser wandelnd erschien, den Sturm beruhigte und den Glauben der Jünger stärkte, wird dieses Schiff sowohl den spirituellen Beistand bringen wie auch die Unruhe der bedürftigsten Männer und Frauen beruhigen, die hier ihrem Schicksal ausgesetzt sind.“

Zuletzt machte Amazonien mit steigender Abholzung des Regenwaldes, Massakern in Gefängnissen oder Morden an Umweltaktivisten und der Vertreibung von Indigenen von sich reden. Schwester Ruth sieht derartige Schlagzeilen mit gemischten Gefühlen. Es gebe auch andere Entwicklungen. Gleichwohl liege Vieles tatsächlich „völlig im Argen“ - zum Beispiel bei der Gesundheitsversorgung.

Die Amazonasregion wird weiter im Fokus bleiben. Für Oktober hat Papst Franziskus eine Synode über die Zukunft der Region einberufen.

Dabei soll es unter anderem um den Priestermangel, die Rechte der Indigenen und die Zukunft der Umwelt gehen. Schwester Ruth bedeutet ihr Einsatz in Amazonien viel. „Die eigene Hängematte aufzuspannen und dann loszureisen, hat schon was. Aber natürlich bin ich hier, weil ich hier gebraucht werde. Ich suche also nicht das Abenteuer, aber ich nehme es gerne an.“

von Thomas Milz (KNA)