Ordensgemeinschaften in Deutschland

„Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“

Im Rückblick auf den Weltjugendtag in Panama schreibt Sr. Magdalena Morgenstern osf über das Berufungsangebot der Deutschen Bischofskonferenz vor Ort...

„Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“

Mit dieser Antwort Mariens auf den Anruf Gottes, die uns durch den Evangelisten Lukas überliefert ist, lud Papst Franziskus die Jugend der Welt nach Panama ein. Er verband damit die Bitte, wie Maria großzügig Antwort zu geben, wenn Gott uns anspricht. Mit diesem biblischen Motto und mit der Bitte um Großzügigkeit gab der Papst dem Thema „Berufung“ besonderes Gewicht. Die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (afj) nahm den Impuls auf und fragte an, ob P. Clemens Blattert SJ und ich, Sr. Magdalena Morgenstern OSF, beim Weltjugendtag für Berufungsfragen vor Ort ansprechbar sein könnten. Im deutschen Pilgerbuch wurde das Angebot schon angekündigt. Wer im Zugehen auf die Reise darin stöberte, wusste darum. An vier Katechese-Orten für die deutschsprachigen Jugendlichen standen wir zum Gespräch bereit.

„Berufung“ verstehe ich nicht nur als die eine große Frage nach einer Lebensentscheidung, z.B. die Frage nach der Lebensform oder dem Beruf. Als Berufener oder Berufene zu leben ist vielmehr ein Lebensstil. Ich verstehe das Leben selbst als Berufung, denn: niemand hat sich selbst gemacht, jeder und jede wurde aus Liebe ins Leben ge(be)-rufen. Romano Guardini bringt dieses Geheimnis betend zum Ausdruck:

Immerfort empfange ich mich aus Deiner Hand.

Das ist meine Wahrheit und meine Freude.

Immerfort blickt Dein Auge mich an, und ich lebe aus Deinem Blick,

Du mein Schöpfer und mein Heil.

Lehre mich, in der Stille Deiner Gegenwart das Geheimnis zu verstehen, dass ich bin. Und dass ich bin durch Dich und vor Dir und für Dich.

Und jeder und jede ist eingeladen, Antwort zu geben. Frei soll sie sein, diese Antwort, nur dann kann sie auch großzügig sein.

Wenn wir lernen, uns in den vielen alltäglichen Entscheidungen des Lebens vom Geist Gottes ansprechen zu lassen, werden langsam die großen Lebensentscheidungen in uns reifen. Angesprochen werden wir von schönen Erfahrungen und auch von Zumutungen, von Menschen, mit denen wir leben oder denen wir begegnen, vom Wort des Herrn und von der Liebe des Vaters. Wenn wir uns als Kinder des Vaters verstehen, wenn wir die Freundschaft mit dem Herrn leben, wird es uns immer mehr zu eigen, Gott und den Menschen im Geist der Liebe Antwort zu geben. So wird Berufung zum Lebensstil.

Das Gesprächsangebot wurde von den jungen Menschen gerne angenommen. Die Berufungsfrage scheint für sie eine Frage nach der Zukunft: Wie ist sie zu gestalten, was wird sie wohl bringen? Welchen Beruf werde ich ergreifen? Mit wem und wie werde ich leben? Wie kann ich meine Identität tiefer zu verstehen? Auch die Sehnsucht und Hoffnung auf eine sichere Lebensentscheidung im Willen Gottes, die Fehlentscheidungen oder Umwege ausschließt, wird mit der Berufungsfrage verknüpft.

„Ihr seid nicht die Zukunft, Ihr seid das Jetzt Gottes!“ rief Papst Franziskus der Jugend bei der Eucharistiefeier am Sonntag zu. Immer im „Jetzt“ ist es möglich, den Anruf Gottes in den alltäglichen Anforderungen, im persönlichen und gemeinsamen Gebet, in den Hl. Schriften und im Leben der Kirche wahrzunehmen und zu beantworten. Jeder und jede kann jeder Zeit im diesem „Jetzt“ leben und so der Berufung ein eigenes Gesicht geben.

Dem Thema „Berufung“ ein Gesicht zu geben, war die ausdrückliche Aufgabe von P. Blattert SJ und mir. Viel wichtiger war jedoch, dass die jungen Teilnehmer und Mitarbeiter, die Volontäre und Gastgeber in Panama, die Ordensleute und Priester gemeinsam mit den Bischöfen dem Thema „Berufung“ das je eigene Gesicht geschenkt haben. Wir alle haben den Ruf des Papstes, uns in Panama zu versammeln, beantwortet.

Großzügig waren die Panamenios, die uns Gastfreundschaft geschenkt haben. Großzügig waren die jungen Menschen, die Zeit und Geld investiert haben, um einander zu begegnen. Großzügig waren all jene, die ihre Comfort-Zone verlassen haben und aufgebrochen sind, um Zeugen der Liebe Gottes zu sein.

Genau so verstehe ich Berufungspastoral: ohne Sorge um die eigene Sache zuerst das Reich Gottes zu suchen. Wenn wir „Berufung“ zum Lebensstil werden lassen, kann der Vater im Himmel uns für all das ansprechen und berufen, was er für Kirche und Welt braucht.

P. Clemens Blattert SJ ist Gründer der Zukunftswerkstatt SJ in Frankfurt und war Experte für Berufungspastoral bei der Jugendsynode im Oktober 2019.

Sr. Magdalena Morgenstern OSF ist Franziskanerin von Sießen, von 2002 -2014 war sie verantwortlich für Mitlebe-Angebote ihrer Gemeinschaft in Assisi und Sießen. Derzeit ist sie Konventsverantwortliche für das Mutterhaus in Sießen.

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