Ordensgemeinschaften in Deutschland

BR sendet Film über im Kloster St. Ottilien geborene Juden

Der Bayerische Rundfunk (BR) zeigt am 18. September einen Film über die sogenannten Ottilien-Babys. Am Sonntag erinnert Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter überdies an das "Befreiungskonzert" von 1945.

Der Bayerische Rundfunk (BR) zeigt einen Film über die sogenannten Ottilien-Babys. Unter dem Titel "Die Kinder der Stunde Null" geht es laut Ankündigung um Menschen, die zwischen 1945 und 1948 in der oberbayerischen Benediktiner-Erzabtei Sankt Ottilien zur Welt kamen. Die amerikanische Armee hatte das Kloster damals zum Krankenhaus für Displaced Persons (DP), also für deportierte ehemalige KZ-Häftlinge, umfunktioniert. Die meisten der Patienten waren Juden. Der Film läuft am 18. September ab 22.30 Uhr.

Laut BR entwickelte sich Sankt Ottilien in den ersten Nachkriegsjahren zu einem kulturellen und politischen Zentrum für den Neubeginn jüdischen Lebens in Deutschland. Es gab demnach Thoraschulen und Synagogen, dort wurde die erste Talmudausgabe in Deutschland nach dem Krieg gedruckt, und ein eigenes "Ottilien-Orchestra" trat in den DP-Lagern der Umgebung auf. Zudem wurde im Kloster eine Entbindungsstation betrieben, auf der mehr als 400 Kinder zur Welt kamen - die "Kinder der Stunde Null".

Einer der letzten Zeitzeugen der Zeit Sankt Ottiliens als Nachkriegskrankenhaus ist Peter Kubierschky. Der Vater des 88-Jährigen aus Eching am Ammersee, Heinz Kubierschky, arbeitete damals als Arzt in der Erzabtei. Über die Ankunft der Deportierten sagte Kubierschky im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Mein Vater sagte damals, das sei wie auf dem Kriegsfeld direkt nach einer großen Schlacht. Den Deportierten war es ja doppelt schlecht ergangen: Sie kamen aus einem Zug mit KZ-Insassen, der irrtümlicherweise von der amerikanischen Luftwaffe angegriffen wurde, die eigentlich SS-Männer treffen wollte." Bis zu 200 Menschen seien dabei gestorben. "Und die, die überlebten, hatten natürlich teilweise schlimmste Verletzungen. Außerdem waren sie durch ihre vor-herige KZ-Haft schon überaus geschwächt und ausgemergelt."

Kubierschky ergänzte, er habe aus den Erfahrungen in Sankt Ottilien Lehren für das Leben gezogen - wenn auch nicht sofort. "Seinerzeit war es für mich immer deshalb so toll, meinen Vater an seiner Arbeitsstelle zu besuchen, da es dort dank der amerikanischen Besatzer Kaffee gab", sagte er. So etwas habe ihn damals als Erstes beeindruckt, nicht das Schicksal der Juden. Später habe ihn das "aber umso mehr erschüttert, dass Menschen bloß wegen ihres Stammbaumes verfolgt wurden". Es sei ihm unverständlich, wie heute noch rechte Ausschreitungen wie in Chemnitz passieren könnten, so Kubierschky. "Wir müssten aus der Geschichte doch Toleranz gelernt haben!"

Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter (© COPYRIGHTS BASTIAN ACHARD (2015))

Am 23. September ist in Sankt Ottilien darüber hinaus eine besondere Musikdarbietung geplant: Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter tritt in der Erzabtei auf, um an das "Befreiungskonzert" zu erinnern, das dort vor mehr als 73 Jahren stattgefunden hat. Holocaust-Überlebende spielten es am 27. Mai 1945. An ihr Schicksal erinnert Mutter nun gemeinsam mit dem Orchester der Buchmann-Mehta School of Music Tel Aviv. Das Konzert im Rahmen des Musikfestivals "Ammerseerenade" beginnt um 15.00 Uhr in der Klosterkirche Herz Jesu.

mit Material der KNA