Ordensgemeinschaften in Deutschland

Kolumne: Was ist für mich wichtig?

Manche Geschenke nennen wir treffend „Aufmerksamkeiten“, weil sie das tun: auf etwas aufmerksam machen. Sie zeigen an, es denkt jemand an mich. Es mag und schätzt mich jemand. Ich bin jemandem wichtig... Solche Aufmerksamkeiten freuen uns, sie können aber auch herausfordern. So erging es mir, als ich vor einigen Jahren ein kleines Holzkästchen geschenkt bekommen habe. Dieses Geschenk war verbunden mit dem Wunsch bzw. dem Auftrag: „Da kannst Du etwas hineintun, was für Dich wichtig ist!“ Lange stand es einfach so auf meinem Schreibtisch. Es verschwand oft hinter oder unter dem, was in Form von Papier wichtig zu sein scheint, um dann und wann wieder zum Vorschein zu kommen. Irgendwann kam mir ein bayerischer Ausspruch und seine Bedeutung in den Sinn: „Jetzt hast an Dreck im Schachterl.“ Dieses kleine Kästchen ließ mich einfach nicht los. Es stellte sozusagen Ansprüche und Anfragen an mich, nämlich: Was ist für mich wichtig?

Was könnte das sein, was für mich wichtig ist und darin auch Platz hat? Groß war das Kästchen ja nicht. So habe ich dann einmal einen Schlüssel hineingetan, um ihn dann lange zu suchen, weil ich vergessen hatte, dass ich ihn da hineingelegt hatte. Dann waren mal Schweizer Franken drin, die nach einem Urlaub übriggeblieben sind. Aber das war es einfach nicht, das Wichtige, das da hineingehören könnte. Vor mehr als einem Jahr habe ich etwas gefunden, was für mich da hineingehört, weil es etwas Wichtiges war. Es war ein roter Faden. Ich bekam ihn bei einer Firmspendung geschenkt, denn er war das Symbol in der Vorbereitung auf die Firmung.

Der rote Faden ist mehr als nur ein Ding. Der rote Faden ist in unserem Sprachgebrauch Ausdruck und Zeichen für Orientierung, für Zuversicht, aber auch für die Sinnhaftigkeit in unserem Leben und Tun.

Dann und wann mache ich dieses Kästchen auf und nehme den roten Faden in die Hand, wenn ich nach Lösungen suche und um Entscheidungen ringe. Inzwischen hat sich zu diesem roten Faden ein Zettel gesellt, auf dem ein Spruch steht, der für mich so etwas wie ein roter Faden geworden ist: „Das Leben ist kein Problem, das gelöst werden muss, sondern das Leben ist ein Geschenk, das gelebt werden darf.“ Ich wünsche allen so einen roten Faden, denn er ist wichtig und braucht nicht viel Platz!

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Über den Autor

Markus Eller OSB ist Abtpräses der Bayerischen Benediktinerkongregation und Abt im Kloster Scheyern.

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