Kolumne: Mogelpackung?
Alexander Kissler urteilte in der NZZ über den am 2. Juni in Erfurt zu Ende gegangenen Katholikentag: „Politischer Aktivismus wird höher gewertet als Spiritualität“. Das sei ein Trend, der sich auf den vorigen Katholikentagen abgezeichnet habe, und das sei auch der Grund dafür, dass die Zahl der Teilnehmenden in Erfurt ein Rekordtief erreicht habe. Nun, ich war in Erfurt auf dem Katholikentag. Seit 1989 in Mainz habe ich an jedem Katholikentag teilgenommen und dieser war im Vergleich ein überschaubarer. Das hat mir sogar gefallen. Bedenklich fand ich eher, dass die vor Ort am stärksten präsente Altersgruppe wohl zwischen 50 und 70 Jahre alt war.
Erstaunt und erfreut hat mich, welchen Erfolg wir Predigerbrüder (im Volksmund: Dominikaner) - und nur für die kann ich sprechen - mit unseren spirituellen und pastoralen Angeboten hatten: Zum Beispiel bei unserer Eucharistiefeier für den Frieden morgens um acht Uhr, bei zwei spirituellen Führungen durch die Predigerkirche, oder bei einer interaktiven Stadtführung zur Mystik Meister Eckharts aktuell – jedes Mal kamen deutlich über 100 Menschen zu uns. Mehr noch aber hat mich das Interesse an unserem Angebot: „By the way - Spaziergang mit einem Dominikaner zum Gespräch über Gott und die Welt“ gefreut.
Die meisten Menschen, die dieses Angebot annahmen, waren gezielt zu uns an den Stand auf der Kirchenmeile gekommen und hatten bewusst einen Termin für solch einen Gesprächs-Spaziergang vereinbart. Die Brüder, die sich für solche Spaziergänge zur Verfügung stellten, und ich selbst war einer davon, berichteten mehrheitlich von ernsthaften Gesprächen über die eigene Glaubenserfahrung, den Glaubenszweifel oder über theologische Fragestellungen. Und so möchte ich mich dem Fazit von Philip Greifenstein in der Eule anschließen: „Die heimlichen Stars im deutlich verknappten Veranstaltungsprogramm waren … die spirituellen Veranstaltungen.“
