Ordensgemeinschaften in Deutschland

Kolumne: Kirche und Surfschule

Diese Zeilen entstehen auf Baltrum, der kleinsten der Ostfriesischen Inseln. Zwei Wochen darf ich hier als Urlauberseelsorger verbringen. Ich schätze diese Zeit am Meer. Ich mag den Kontakt mit den Menschen, die unsere Inselkirche besuchen.

Der Wind, die Weite und die gute Luft am Meer laden zur Erholung, zum Nachdenken und auch zum Stillwerden und Beten ein. Die Zahl der Gottesdienstbesucher ist überschaubar. Es gibt Tage, da sind wir zu fünft, inklusive Küster, Organist und Priester. Bei anderen Gelegenheiten auch schon mal 35 Personen.

Natürlich würde ich mich über immer voll besetzte Gottesdienste freuen, aber es geht ja nicht um mich. Wichtig ist, was den Menschen guttut. Der Besuch der Kirche gehört dazu. Denn so oft ich in der Kirche sitze, kommen Menschen hinein und wirklich immer brennen Kerzen vor dem Muttergottesbild. Auch wenn viele von ihnen keine Gottesdienstteilnehmende sind, der kurze Besuch in der Kirche scheint für sie wichtig zu sein, ebenso das Entzünden einer Kerze.

Beim Spaziergang am Strand ist mir aufgefallen, dass es da Parallelen zur hiesigen Surfschule gibt. Die bietet neben Wind- und Kitesurfen nämlich auch Stand-up-Paddeln an. Dieses „Stehpaddeln“ wurde in den 1940er-Jahren von einem älteren Surflehrer auf Hawaii entwickelt. Als ihm das Auf- und Absteigen immer schwerer fiel, paddelte er auf einem Brett stehend in der Brandung.

Surfen, egal ob Wind- oder Kitesurfen, ist das anspruchsvollste, was die Surfschule anbietet. Die Feier der Eucharistie ist das Höchste, was die kirchliche Liturgie kennt. Weil (noch) nicht oder nicht mehr alle diese Höchstform mitfeiern wollen oder können, ist es gut, ihnen andere Angebote zu machen. Hier auf der Insel sind alle in der Kirche willkommen, die Frommen und die Skeptiker, die Suchenden und Ruhelosen und selbst die, die nur mal gucken wollen, was das denn für ein interessanter Bau ist.

Ich mag diese Art von Kirche, die Offenheit und Gelassenheit, die die Urlauberseelsorge prägt und ich wünschte mir mehr davon im Alltag. Das würde allen Beteiligten guttun. Damit das möglich ist, sollten wir den Ratschlag von Alfred Delp befolgen:

Man muss die Segel in den unendlichen Wind stellen, dann erst werden wir spüren, welcher Fahrt wir fähig sind.

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Über den Autor

Pater Christoph Heinemann OMI ist Ordensmitglied der Mitteleuropäischen Ordensprovinz von den Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria.

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